Wenn das Überleben von persönlicher Schutzausrüstung abhängt
Author: Hannes Rügheimer
Manche Berufe sind extremer als andere: Sie haben lebensfeindliche Umgebungen als Einsatzort oder bergen zumindest ein erhöhtes Risiko für Unfälle mit schwerwiegenden Folgen. Dafür, dass Berufstaucher, Industriekletterer, Feuerwehrleute und ähnliche Berufsgruppen bei ihren Einsätzen optimal geschützt sind, sorgt persönliche Schutzausrüstung, kurz PSA.
Bestimmte Berufsgruppen verlassen sich zum Schutz ihrer Gesundheit und ihres Lebens auf technische Spezialsysteme, die jederzeit fehlerfrei und hundertprozentig funktionieren müssen. Daher stellt auch der Gesetzgeber besonders hohe Anforderungen an Persönliche Schutzausrüstung (PSA) und deren Hersteller.
Zum Beispiel Berufstaucher: Technisch betrachtet unterscheiden sich ihre Tätigkeiten zwar nicht wesentlich von dem, was andere Spezialisten an Land tun – schweißen, sägen, montieren oder demontieren. Doch wenn Bergungs-, Rettungs- und Bauarbeiten bis zu 50 Meter unter Wasser erledigt werden müssen, sind die Herausforderungen erheblich größer. Denn die Arbeiten finden in einer sehr lebensfeindlichen Umgebung statt: Unter hohem Druck, in völliger Dunkelheit und bei extrem niedrigen Wassertemperaturen. Das Überleben eines Berufstauchers unter solchen Bedingungen hängt allein von seiner Ausrüstung ab. Ein Trockentauchanzug und ein Helmtauchsystem sorgen für Schutz gegen den Wasserdruck und die Temperatur sowie für die Atemluftversorgung.
Hans Ketelaer, Deutschland-Geschäftsführer der auf Profi-Tauchausrüstung spezialisierten Firma De Zeeman Pro, macht deutlich: „Mit dem, was Hobbytaucher von ihrer Ausrüstung kennen, hat das Equipment nur wenig zu tun.“ So bietet das von seiner Firma gelieferte Helmtauchsystem HTA19 etwa auch ein „Tauchertelefon“ für die Kommunikation zwischen dem Taucher und dem an Bord eines Versorgungsboots verbleibenden Taucheinsatzleiter. Ein Tragegeschirr, der sogenannte Harness, dient zur Aufnahme einer Reserveluftflasche auf dem Rücken sowie Bleigewichten. „Dort wird auch die sogenannte Schlauchleine befestigt – eine Luftversorgungsleitung sowie eine zusätzliche Leitung zur Bestimmung der Tauchtiefe und deren Anzeige am Taucherversorgungspanel an Bord des Versorgungsboots. Überdies sind Licht und ein Kamerasystem am Taucherhelm montiert“, erklärt Hans Ketelaer.
Der Taucher wird in einem Korb mittels einer Winde auf die erforderliche Tauchtiefe herabgelassen – maximal 50 Meter. Auf der jeweiligen Tiefe angelangt, steigt er aus dem Korb und verrichtet die nötigen Arbeiten. Zu den wichtigsten Kunden der im rheinland-pfälzischen Macken ansässigen Firma De Zeeman Pro zählt übrigens die Bundeswehr – deren Marinetaucher sind oft die einzigen qualifizierten Spezialisten, wenn es beispielsweise um Bergungen oder Reparaturen unter Wasser geht. Die Beschaffung der persönlichen Schutzausrüstung unterliegt dabei selbstverständlich den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen des Vergaberechts für öffentliche Auftraggeber – neben De Zeeman Pro werden in diesem Rahmen auch andere Lieferanten beauftragt.
Arbeiten in 40 Meter Höhe – Freileitungsmonteure brauchen Schutz gegen Absturz
Ortswechsel. Nicht nur bis zu 50 Meter unter Wasser, sondern auch 40 oder mehr Meter über Grund wird das Arbeiten extrem. Dies gilt beispielsweise für Montagen, Ausbaumaßnahmen oder Reparaturen an den sogenannten Freileitungen des Strom-Übertragungsnetzes. Sie sind in der Regel an Stahlgittermasten aufgehängt, die im Abstand von 400 bis 600 Metern platziert sind. Naheliegenderweise stehen viele dieser Masten in der freien Natur, ohne festen Zugangsweg. Dass diese Stahlgittermasten keinen komfortablen Zugang wie etwa ein Treppenhaus haben, hat mehrere Gründe: sicherlich die Kosten, aber nicht zuletzt auch den Schutz vor unbefugtem Zutritt und somit die Gewährleistung der Sicherheit von Menschen wie auch der Anlagen.
Bei Montage- oder Reparaturarbeiten müssen die Freileitungsmonteure daher über Steigbolzen oder Steigbügel an den sogenannten Eckstielen oder über sogenannte Mittelaufstiegsleitern an den Gittermasten aufsteigen. Je nach Arbeitseinsatz und örtlichen Verhältnissen können auch Montagebühnen zum Einsatz kommen, die zwischen den Mastkonstruktionen und speziellen Leiterseilen befestigt werden. Betreffen die Arbeiten die Abschnitte zwischen den Masten, gibt es auch motorisierte Leitungsfahrwagen, die auf den Leiterseilen gefahren werden. In jedem Fall sorgt auch hier eine persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) für die Sicherung der Monteure – so genannte Höhensicherungsgeräte, Halte- und Auffanggurte, Sicherungsseile zum An- und Abseilen mit Karabinerhaken, Seilklemmen und Ähnliches mehr. Ähnlich wie beispielsweise beim Bergsteigen gilt es, die Monteure gegen Absturz zu sichern. Aber auch die Rahmenbedingungen müssen sorgfältig geplant und sichergestellt werden. Wer in der Nähe von 380.000-Volt-Leitungen arbeitet, muss sich darauf verlassen können, dass die zu bearbeitenden beziehungsweise nah an der Einsatzstelle verlaufenden Stromleitungen abgeschaltet sind. Und sie oder er muss genau wissen, für welche Leitungen auf welcher Seite des Mastes dies gegebenenfalls nicht gilt.
Die zum Schutz von Freileitungsmonteuren verwendeten Absturzsicherungssysteme liefert zum Beispiel das Unternehmen Preising aus Wipperfürth. Geschäftsführer Paul-Eric Preising sagt: „Wie bei allen extremen Berufen gilt auch hier, dass ein unbedachter Fehler den Mitarbeiter sein Leben kosten kann. Die persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz spielt beim Eigenschutz die zentrale Rolle.“ Sie ist im fast wörtlichen Sinne das letzte Sicherheitsnetz, um die schlimmsten Folgen zu verhindern. Doch die Sicherheitsanforderungen im Freileitungsbau gehen noch weiter: Für alle Montageschritte müssen die beteiligten Unternehmen spezielle Rettungskonzepte vorhalten. Hat beispielsweise ein Monteur gesundheitliche Probleme oder einen Unfall, muss gewährleistet sein, dass er sicher zurück auf den Boden gebracht werden kann. Die in Ratingen bei Düsseldorf ansässige Firma SPIE Deutschland & Zentraleuropa zählt zu den großen Kunden von Preising. Sie beschäftigt Freileitungsmonteure, die wiederum für die Auftraggeber von SPIE tätig werden. Und sie schult ihre Mitarbeitenden regelmäßig. Thomas Hartmann, Leiter der Abteilung „Health, Safety, Environment, Quality“ (HSEQ) bei SPIE, unterstreicht: „Neben den eigentlichen Tätigkeiten und den allgemeinen Sicherheitsrichtlinien ist nicht zuletzt der bestimmungsgemäße Gebrauch der eingesetzten persönliche Schutzausrüstung ein zentrales Thema bei den Schulungen und praktischen Ausbildungen.“
So schützen sich Feuerwehrleute gegen Bedrohungen
Es gibt noch viele weitere Tätigkeitsorte, an denen Leib und Leben der Mitarbeitenden besonders geschützt werden müssen. Etwa wenn sich Feuerwehrleute zur Rettung von Personen in ein brennendes Gebäude begeben. Um ihr Risiko dabei so gering wie möglich zu halten, ist in solchen Situationen neben dem Schutz gegen Hitze, Flammen, Funken, Glut oder geschmolzenes Umgebungsmaterial durch spezielle Feuerwehrschutzkleidung vor allem ein zuverlässiger Atemschutz unerlässlich. Die einschlägigen technischen Vorschriften definieren Faktoren wie den Wärmeübergang durch Flammen und beschreiben die Anforderungen an sogenannte umluftunabhängige Atemschutzsysteme in nicht atembarer Umgebungsatmosphäre. Die dafür genutzte Druckluftversorgung liefert ein Isoliergerät, das die Atemluft in eine hermetisch dichte Kombination aus Atemschutzmaske, Feuerwehrhelm und Feuerschutzhaube einspeist. Zusätzlich zum Schutz gegen die Umgebungshitze und zur Versorgung mit atembarer Luft muss die Ausrüstung beispielsweise auch sicherstellen, dass ihr Träger klare Sicht behält und sich somit in seiner bedrohlichen Umgebung gut orientieren kann. Für wieder andere Einsatzsituationen gibt es zudem spezialisierte Schutzbekleidung und -systeme etwa gegen biologische oder chemische Kontamination, Elektrizität und Elektrostatik, Lärm und weitere Gefährdungen.
Alle drei Beispiele sind im Übrigen Bereiche, in denen DEKRA Testing and Certification die Zertifizierung und Prüfung der jeweils eingesetzten persönlichen Schutzausrüstung, kurz PSA, durchführt. Dabei wird zwischen mittleren Risiken (Kategorie II“ und hohen Risiken (Kategorie III) unterschieden. „In beiden Fällen muss die PSA besonders hohen Qualitäts- und Sicherheits-Anforderungen genügen“, erklärt Dirk Wessels, Leiter Persönliche Schutzausrüstung und Standortleiter Essen bei der DEKRA Testing and Certification GmbH. „Schließlich hängen von der sicheren und zuverlässigen Funktion von Schutzkleidung und Schutzausrüstung die Gesundheit und im Extremfall das Leben des Anwenders ab.“
Zertifizierung von persönlicher Schutzausrüstung durch DEKRA
Bei der Prüfung und Zertifizierung von Persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) ist DEKRA kompetenter Partner von Herstellern, Händlern und den Unternehmen und Institutionen, die solches Equipment einsetzen. Die DEKRA Testing and Certification GmbH hat den Status einer akkreditierten und „Europäischen Notifizierten Stelle“ und bietet Prüfungen und Zertifizierungen unter Berücksichtigung der europäischen PSA-Verordnung sowie dem deutschen Geräte- und Produktsicherheitsgesetz an.
Zum Katalog der Systeme, die auf diese Weise geprüft und zertifiziert werden können, zählen insbesondere umluftunabhängige Atemschutzgeräte, filtrierende Atemschutzgeräte, Atemanschlüsse, Fluchtgeräte (z.B. sogenannte Selbstretter), Kopfschutz, Schutzbekleidung, persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz und darüber hinaus die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung von Anschlageinrichtungen.